Favoriten und Außenseiter
„Wer dieses Jahr in Kissimmee Weltmeister werden will, der muss vor Ronald Völker stehen.“ Dieser Spruch stammt von einem der bekanntesten Rennveranstalter in Deutschland. Dahinter steckt folgende wahre Erkenntnis: Ronald Völker ist der große Favorit. Wer sich die WM-Krone aufsetzen will, muss ihn schlagen.


Für Ronald Völker spricht dieses Mal Vieles. Seit über zwei Jahren eilt der Yokomo/LRP-Fahrer von Sieg zu Sieg. In diesem Jahr wurde er auf dem Löwenring in Braunschweig zum fünften Mal Deutscher Meister Outdoor. Außerdem gewann er in Alcobendas (Spanien) die Europameisterschaften. Dass sein Yokomo längst nicht mehr nur auf Teppich gut läuft, sondern auch auf Asphalt, hat er zuletzt mehrfach bewiesen. Zum vierten Mal hintereinander wurde er dieses Jahr Champion Modified in der Euro Touring Series, der härtesten Rennserie in Europa. Was für ihn bei allen Siegen besonders wichtig war – er stand jedes Mal vor seinem härtesten Konkurrenten, dem dreimaligen Weltmeister Marc Rheinard.

Marc Rheinard – das ist die große Unbekannte. Große Siege waren bei ihm in den vergangenen Monaten eher selten. Doch, da war ein wichtiger: Der Finallauf in der Euro Touring Series im Juli in Trencin. Da war er schneller als Ronald Völker, da hat er die Konkurrenz mal wieder dominiert. Bei diesem Finale hat er rechtzeitig vor einem großen Ereignis gezeigt: Er ist immer noch da. Er kann auf der Rennstrecke immer noch jeden schlagen.
Marc Rheinard kann die Vor- und Finalläufe ohne Druck fahren. Er hat nicht die Favoritenbürde zu tragen, an der schon viele gescheitert sind. Das spricht für den Weltmeister der Jahre 2004, 2008 und 2010. Marc Rheinard hat als 17-Jähriger in Kissimmee fast genau vor zehn Jahren seinen ersten Weltmeisterschaftstriumph gefeiert. Damals noch als unbekümmerter Außenseiter. Wenn das kein gutes Omen ist?


Titelchancen haben durchaus noch einige andere Fahrer. Da sind zunächst die Fahrer aus den Teams der beiden deutschen Toppiloten zu nennen. Bei Yokomo ist das als Erster der Japaner Naoto Matsukura. Der hat Ende August bei den japanischen Meisterschaften Ronald Völker geschlagen. Naoto Matsukura gewann alle drei Finalläufe. Yannik Prümper, der Dritte Yokomo-Fahrer, der ganz vorne mitfahren kann, hat sicher Außenseiterchancen. Atsushi Hara, der ebenfalls einen Yokomo fährt, und der bei den Weltmeisterschaften in Heemstede noch um den Titel mitkämpfte, zählt nicht mehr zu den direkten Titelanwärtern.
Marc Rheinard hat ebenfalls zwei starke Konkurrenten im eigenen Lager. Zu nennen ist vor allem Jilles Groskamp, der amtierende Weltmeister. Er setzte sich nach drei harten Finalläufen vor zwei Jahren in Heemstede gegen Atsushi Hara und Ronald Völker durch. Groskamp verfügt über jede Menge Erfahrung aus diversen Titelkämpfen. Eher Außenseiterchancen hat der dritte Tamiya-Fahrer aus Europa, Victor Wilck. Der Schwede ist immer wieder für einen überraschenden Sieg gut. Für die Tamiya-Crew insgesamt spricht, dass sie bei großen Rennen als Team auftritt. Das gilt sowohl für die erforderlichen Setuparbeiten während des Trainings und der Vorläufe. Das gilt erst recht, wenn es in den Finalen gilt, denjenigen mit den besten Siegchancen zu unterstützen. Tamiya hat neben den drei Europäern noch ein heißes Eisen im Feuer, nämlich den Japaner Akio Sobue. Übrigens: Tamiya-Fahrer haben von den bisherigen sieben Weltmeisterschaften fünf gewonnen.

Das große Duell der beiden Teams wird den Weltmeisterschaften 2014 seinen Stempel aufdrücken. Titelchancen – wenn auch keine sehr großen – haben auch andere Teams. Etwa Team Xray mit Alexander Hagberg. Der Schwede war dieses Jahr häufig vorne dabei und kämpfte wiederholt um den Sieg. Alle anderen Fahrer haben eher eine Außenseiterchance. Gute und schnelle Rennen sind in diesem Jahr zum Beispiel auch Marc Fischer (Serpent), Frederik Südhoff (Awesomatix) oder der Finne Viljami Kutvonen (ebenfalls Awesomatix) gefahren. Sie alle haben eine Chance auf einen Platz im A-Finale, aber kaum eine auf den Titel. Das gilt auch für Christopher Krapp (Kyosho), Andy Moore (Hot Bodies) oder Elliott Harper (Durango).
Technisch sind alle Teams bestens präpariert. Sie haben die letzten Wochen auf der WM-Strecke in Kissimmee trainiert. Die Ingenieure haben alle Überstunden und Sonderschichten gemacht. Das gilt für die Hersteller der Fahrzeuge, aber auch für alle, die für das sonstige, ebenso wichtige Equipment (Regler, Motoren, Akkus etc.) zuständig sind. Yokomo, Tamiya und Xray haben in den vergangenen 14 Tagen neue Fahrzeuge vorgestellt. Kyosho und Hot Bodies haben an der Weiterentwicklung der Fahrzeuge gearbeitet. Die Motoren- und Reglerproduzenten (LRP, Muchmore, Orion, Hobbywing oder Orca) haben neue Softwareprogramme geschrieben, die jetzt bei der WM zum Einsatz kommen. Die Herausforderung Weltmeisterschaft 2014 haben sich alle Firmen viel Arbeit, aber auch eine Menge Geld kosten lassen. Dabei war die Euro Touring Series sicher ein ganz harter und wichtiger Test. Wer sich da durchsetzte, der hat auch bei der WM alle Chancen, vorne zu stehen.
Das Training beginnt am Donnerstag. Freitag sind dann die Vorläufe. Spätestens dann wird sich die Spreu vom Weizen trennen. Dann steht fest, ob es das erwartete deutsch-deutsche Duell geben wird.