Das Material, die Dichte und Stärke einer Chassisplatte sowie deren Flex haben einen ganz wesentlichen Einfluss auf das Fahrverhalten eines RC-Cars. Diese Erfahrung ist nicht neu. Seit Jahren produzieren die Hersteller deshalb unterschiedliche Karbonchassis für ihre Highend-Fahrzeuge. Das Aluchassis ist nun als zusätzliche Möglichkeit dazugekommen, das Fahrzeug auf die besonderen Bedingungen der Strecke abzustimmen. Immer mehr Hersteller bieten sie deshalb für ihre Rennboliden an.
Ein Blick zurück
März 2014: Beim dritten Lauf der Euro Touring Series 2013/2014 in Telde auf Gran Canaria testeten verschiedene Teams mit Chassisplatten aus Aluminium. Mit mäßigem Erfolg. Nach einigen Testakkus wechselten viele Teamfahrer auf ihre bekannten Karbonchassis zurück.
Etwa der Xray-Fahrer Alex Hagberg. Der hatte das Aluminiumchassis im Training getestet, setzte dann aber in den Vor- und Finalläufen auf das bewährte Karbonchassis. Marek Cerny, der das Rennen in Telde 2013 in Pro Stock gewonnen hatte, setzte dagegen voll auf das neue Aluminiumchassis von Xray. Einfacher, stabiler, gleichmäßiger sei der Xray T4 mit dem Aluchassis zu fahren, sagte er. „Die Kurvengeschwindigkeit ist höher“, fügte er hinzu. In den Vorläufen war er damit schneller als die Konkurrenz. Auch den ersten Finallauf gewann er noch sehr deutlich vor seinen Rivalen. Danach war ausgerechnet sein Teamkamerad Jan Ratheisky zwei Mal schneller. Der hatte das ganz normale Karbonchassis in seinem Xray T4-2014.
Team Serpent hatte in Gran Canaria ebenfalls eine Chassisplatte aus Aluminium im Gepäck. Marc Fischer testete beide Versionen. „Ich kann keinen gravierenden Unterschied feststellen“, so sein erstes Fazit. In den Trainings- und Vorläufen wechselte er wiederholt. In den Finalläufen fuhr er seinen Serpent S411 ERYX 2.0 mit dem Aluchassis. Marc Fischer wurde im Übrigen Siebter.
Ganz begeistert vom Aluchassis war in diesem Rennen der Schweizer Beni Stutz. Der hatte noch vor den ersten Trainingsläufen eine von Toni Rheinard (Tonisport) und Bernd Wellerdiek (Raceberry) entwickelte Aluplatte unter seinen Tamiya TRF 418 geschraubt. Beni Stutz war nach wenigen Akkus begeistert. „Das Auto ist nicht schneller, fährt sich aber deutlich leichter“, so sein erstes Fazit: „Der Tamiya ist mit dem Aluchassis für den Normalfahrer einfacher und gleichmäßiger zu fahren“, so sein Schlussfazit.
Tamiya selbst zeigte – wie im Übrigen auch Yokomo – damals noch kein Interesse an der Entwicklung eines eigenen Aluminiumchassis. Toni Rheinard und Bernd Wellerdiek übernahmen diesen Part gerne und boten weltweit entsprechende Umbaukits an.
Konsequenter Einsatz im Awesomatix
Einer der Ersten, der in der Tourenwagenszene Elektro wieder konsequent auf das Aluchassis setzte, war der Russe Oleg Babich. Beim Auftaktrennen zur ETS-Saison 2013/2014 schaffte Freddy Südhoff in Modified mit einem auf einem Aluchassis aufgebauten Awesomatix den Sprung auf das Podium. Er wurde Dritter. Beim zweiten Saisonrennen in Mülheim-Kärlich kam er auf Platz 6. Eric Dankel und Dionys Stadler belegten die Plätze sieben und neun. Kein Wunder, dass fortan auch andere begannen, verstärkt mit dem Aluchassis zu experimentieren.
Beide Optionen im Angebot
Heute produzieren nahezu alle großen Hersteller für ihre Fahrzeuge neben den üblichen Karbonchassis auch welche aus Aluminium. Awesomatix bietet die neueste Version des Tourenwagens als Kit sowohl mit Karbonchassis (A800) als auch mit Aluchassis (A800A) an. Vom Aluchassis gibt es mittlerweile sogar eine zweite, deutlich härtere Version als Tuningteil.
Serpent offeriert den neuen Eryx 4.0 ebenfalls mit Karbon- oder Aluchassis an. Den Vorgänger, den 3.0 wurde in der Baukastenversion generell mit Aluchassis ausgeliefert. Xray produziert seit 2014 ein Aluchassis für den T4. Für den T4-2016 gibt es jetzt eine geänderte passende Version. Eine Chassisplatte aus Aluminium bietet Xray auch für den Formel X1 an. Team Magix hat kürzlich für den neuen TM E4RS III plus ein Aluchassis auf den Markt gebracht. Toni Rheinard führte BRCNEWS beim ETS-Lauf in Hrotovice eine neue Aluplatte von Yokomo vor.
Die Vorlieben des Fahrers spielen eine große Rolle
Die Entscheidung für das Karbon- oder Aluchassis hängt heute überwiegend von den Streckenbedingungen und vom Fahrzeug selbst ab. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen der Fahrstil, vor allem aber auch die Vorlieben des Fahrers. Beim ETS-Lauf in Hrotovice fuhr Viljami Kutvonen in Modified den neuen Awesomatix mit Karbonchassis. Max Mächler setzte auf die Aluversion. Yannic Prümper und Ronald Völker fuhren ihren Yokomo BD7 im Rennen mit einer Chassisplatte aus Karbon. Der Prototyp des Serpent Eryx 4.0, mit dem Marc Fischer das Auftaktrennen der Tonisport Onroad Series im November in der Racing Arena Limburg gewann, war auf einer Chassisplatte aus Karbon aufgebaut. Jan Ratheisky siegte in der Klasse Formel beim Rennen in Hrotovice mit einem Xray X1-2016, montiert auf einer Aluplatte. Erst nach dem Training hatte er sich dafür entschieden. In der Klasse Pro Stock war er mit einem Xray T4-2016 in der Karbonversion erfolgreich. „Die Aluplatte schiebt mir zu stark“, stellt er dazu lakonisch fest.